Sie dürfen sich freuen: Alle Diplomierten an der VSSM-Diplomfeier in Nottwil. Bild: André Burri
Ende November haben sich mehr als 140 frischgebackene Holzfachleute über den Abschluss ihrer teils mehrjährigen Ausbildung gefreut. Ihre Fachausweise und Diplome durften sie an der VSSM-Diplomfeier im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil LU entgegennehmen.
Wer eine Weiterbildung in Angriff nimmt, benötigt einen langen Atem – und wer an der Diplomfeier des Verbands Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) in Nottwil LU teilnimmt ebenfalls. Schliesslich gab es am 29. November 2024 im Schweizer Paraplegiker-Zentrum stolze 142 Abschlüsse zu feiern: 10 dipl. Techniker HF Holztechnik, 13 eidg. dipl. Schreinermeister, 27 Produktionsleiter/innen mit eidg. Fachausweis und 92 Projektleiter/innen mit eidg. Fachausweis. Dennoch konnte Rolf Kümin, Bereichsleiter Bildung beim VSSM, die Frischdiplomierten mit ihren Angehörigen eine halbe Stunde vor dem Zeitplan in den Apéro entlassen.
Harte Arbeit als Basis für Erfolg und Zufriedenheit
«Sie haben hart gearbeitet und so die Basis für Erfolg und Zufriedenheit gelegt», sagte Kümin bei der Begrüssung der grossen Gästeschar. Doch das Engagement und der Durchhaltewille hätten sich gelohnt. Das unterstrich auch VSSM-Zentralpräsident Thomas Iten: «Jetzt sind der Druck und die Anspannung weg und die berufliche Zukunft liegt vor Ihnen», sagte Iten. Womöglich sei die Ausbildung auch eine Grenzerfahrung gewesen, sagte er mit Blick auf die nachfolgende Gastrednerin. «Die Erfahrung begleitet Sie ein Leben lang und jetzt stehen Ihnen die Türen offen, man wartet auf Sie und Ihr Können und Fachwissen», machte Iten den Diplomierten Mut.
Den Blick auf die Realität nicht verlieren
Weniger vom Mut als von der Willenskraft sprach Gastrednerin Evelyne Binsack. Dennoch brauchte auch sie viel Mut in ihrem abenteuerlichen Leben, wovon die Bergsteigerin und Grenzgängerin berichtete. Sie kam häufig an ihre Grenzen. Nebst Fitness, Planung und Ausrüstung sei vor allem eines zentral, sagte sie und zog einen Vergleich zur alpinen Bergwelt: «Das Nervenkostüm darf nicht schutzlos blank liegen, wie es ein Gletscher ohne Firnschnee ist.» Daher gelte es die Willenkraft zu trainieren und das Nervenkostüm zu stärken. Ein gesunder Kopf in einem gesunden Körper mache uns erfolgreich, sagte Binsack, als sie von ihren Reisen zu den drei Extremen berichtete: dem Mount Everest, dem Südpol und dem Nordpol.
Es brauche Tatkraft und Ansporn und dann müsse man vor allem eines wissen: «Auf dem Gipfel ist die Tour noch nicht zu fertig.» Was folgt sei der Abstieg, wo manche die Willenskraft und die Selbstkontrolle verlören und daher zu Tode kämen. «Die meisten Todesfälle am Everest ereignen sich beim Abstieg», sagte Binsack. Zur Willenskraft gehöre es auch, die Realität richtig einzuschätzen und sich rechtzeitig zu fragen: Wo finde ich Schutz, wo sind meine Ressourcen? In der Sprache der Schreiner fragte sie in den Saal: «Was tun, wenn man sich versägt?»
Von guten und schlechten Teams
«Ein schlechtes Team raubt dir Kraft», sagte Binsack mit Blick auf ihre Expedition zum Südpol, eine Reise, die sie nicht wiederholen möchte, wie sie einräumte. Wichtig in einem Team sei ein Versprechen, das man sich gebe, ein Commitment. Wer heirate, mache das schliesslich auch. Das habe sich die fünfköpfige Gruppe zwar gegeben. Aber wie sie feststellen musste: Nicht alle haben sich daran gehalten, während der Tage in Kälte, Wind und Eis. Plötzlich sei ihr Schoggipulver «verschwunden» gewesen, das sie jeweils zum Frühstück nahm, und auch ein Teil ihrer Notration war weg. Ihr Körper sei am Ende gewesen.
Doch das Team habe sich in der Not auf das Versprechen besonnen und auch die vermissten Nahrungsmittel kehrten wenigsten teilweise wieder zurück. «Man muss sich im Team aufeinander verlassen können», sagte Binsack. Wichtig sei es auch, immer die richtige Richtung beibehalten zu können, was auf dem Weg zum Nordpol nicht einfach ist: Denn es gibt einen geografischen, «wahren» Nordol und eine magnetischen. «Was ist mein wirkliches Ziel?», gelte es sich zu fragen.
Stefan Hilzinger, Schreinerzeitung
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