Die Teilnehmerinnen des Frauenförderungs-Workshops formieren sich zum Gruppenbild. Am letzten Tag kamen alle zusammen. Bild: Melanie Burri
Eine schicke Lampe, ein Schneidebrett und eine farbige Kuh: 36 angehende Schreinerinnen haben den Frauenpower-Workshop des VSSM besucht und Neues gelernt. Neben der Arbeit war auch der Austausch wichtig und beliebt.
Mit UV-Licht bestrahlt eine Gruppe weiblicher Schreinerlernende ihre Schneidebretter aus Olivenholz, die sie mit Epoxidharz ausgegossen haben. Während des Giessens beziehungsweise dem Aushärten hatten sich kleine Luftblasen gebildet. Beim Hobeln des Bretts in der Dicke entstanden kleine Löcher, die durch das Einsetzen von frischem Harz ausgeglichen und bestrahlt wurden. Dadurch erfolgte eine rasche Aushärtung des Harzes. Danach werden die Objekte grob geschliffen, formatiert, gefast und sauber geschliffen. Wer will, kann seinen Namen oder ein Bild mithilfe eines Lasers ins Schneidebrett gravieren. Dann wird noch geölt, fertig.
Jedes Werk ist einzigartig und schön. Die jungen Frauen strahlen und fachsimpeln. «Ich habe noch nie mit Epoxidharz gearbeitet und wollte die Gelegenheit nutzen. Ich fand es sehr cool», sagt Sonja Lang aus Urswil LU (im 3. Lehrjahr bei der Schreinerei Gassmann in Ballwil LU). Die 19-Jährige hat sich für Blau entschieden und liess ein Schwyzerörgeli in ihr Bild einfräsen.
Epoxidharz lockte viele an
Wegen des Epoxidharzgiessens bei Roger Jungo in Niederbipp BE haben sich viele der Lernenden für den Frauenpower-Workshop angemeldet. Dieser wurde vom Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten (VSSM) im Rahmen der Frauenförderungsinitiative zum zweiten Mal organisiert. 36 junge Frauen haben sich angemeldet und in drei Gruppen jeweils fünf Kurstage besucht. «Ich wusste nicht genau, was mich erwartet, aber die Teilnahme hat sich gelohnt», erzählt Sonja Lang weiter. Ihre Klassenkameradinnen hätten leider nicht mitkommen können. «Das war aber kein Problem. Ich hatte schnell Anschluss und wir hatten es gut in der Gruppe.»
Schön, diesmal dabei zu sein
Das sieht auch Leandra Signer aus Egnach TG so (Warger Schreinerei, Amriswil TG, 4. Lehrjahr). «Meine Kolleginnen waren alle letztes Jahr dabei. Weil ich einen Unfall hatte, musste ich leider absagen», erzählt sie. «Ich freue mich, dass ich dafür diesmal mitmachen kann, wenn auch ohne Gspänli.» Das sei jeodch kein Thema gewesen, sie hätte sehr schnell Kontakte geknüpft. Ihr hat der Workshop sehr gut gefallen. Dass sie teilweise weit fahren musste, hat der 19-Jährigen nichts ausgemacht. «Ich bin gerne unterwegs und ich habe einen Workshoptag mit Ferien verbunden», sagt sie.
Perfektion muss sein
«Die jungen Frauen haben sich sehr gut angestellt», meint Roger Jungo und lacht. Ihm und seinem Team hat die Arbeit mit ihnen Spass gemacht. «Das grösste Problem für sie war, die richtige Farbe und vor allem das passende Stück Holz zu finden. Es sollte natürlich alles perfekt sein, typisch Schreinerstolz halt.» Jungos Workshop hat an zwei Samstagen stattgefunden, weil das Harz dazwischen aushärten musste. Der Experte hat deswegen die Bretter ausgeschalt und gehobelt. Um den Tag mit Programm zu füllen, haben die jungen Frauen zudem grosse Buchstaben gesagt und gestaltet, die für das Gruppenbild mit allen Teilnehmerinnen am letzten Tag Anfang November benötigt wurden. Zudem gab es an einem Nachmittag ein Inputreferat von Jasmin Kempf, die von ihrem Berufsweg und ihren Erfahrungen als Schreinerin erzählte.
Schön, mal nur unter Frauen zu sein
«Ich fand es schön, beim Arbeiten mal nur unter Frauen zu sein. Das ist sonst ja nie der Fall», sagt Salome Lehmann aus Oberbuchsiten SO (2. Lehrjahr bei der Haefeli AG in Balsthal SO). Der Workshop hat ihr gut gefallen und sie hat viel gelernt. Das Epoxidharzgiessen habe sie toll gefunden. «Es ist zudem wertvoll, andere junge Schreinerinnen kennenzulernen und sich auszutauschen.»
Ein ganzes Weekend zum Start
Der Workshop hat im September für eine Gruppe mit einem Wochenende inklusive Übernachtung im ÜK-Zentrum in Gossau SG begonnen, die zwei anderen starteten in Lenzburg AG. Dabei stellten sie mit den beiden früheren World-Skills-Teilnehmenden Sven Bürki und Samanta Kämpf eine schicke Lampe her und tauschten sich am Abend in einer Gesprächsrunde über ihre Ausbildungen, Lehrbetriebe, ihre Situation, Sorgen, Freuden, Wünsche und Ziele aus. Den zweiten Teil absolvierten sie beim Epoxidharzgiessen und der Schlusstag fand in Brienz BE in der Trauffer Erlebniswelt statt.
Tolle Lampen produziert
Die Lampen konnten sich sehen lassen. Die Schreinerinnen haben für den Hals Nussbaumfurnier formverleimt, auf Breite gefräst und dann auf das richtige Mass abgelängt. Der Lampenschirm besteht aus hochwertigem Eschenfurnier, der Fuss aus Beton. Sie mussten dabei verschiedene Fräsungen vornehmen. Die Holzteile wurden geölt. Zur Verstärkung des Halses und des Schirms wurden zudem Lederbänder eingezogen. «Die Teilnehmerinnen haben nicht nur neue Verleimtechniken, sondern auch komplexe Bearbeitungsschritte erlernt. Zudem waren sie begeistert von den vielfältigen Möglichkeiten, die sich mit Furnier bieten», erzählt Samanta Kämpf. Der Workshop hat auch ihr Spass gemacht.
Kühe schnitzen und bemalen
In der Trauffer Erlebniswelt haben die angehenden Schreinerinnen den Sänger zwar nicht getroffen, dafür sonst viel erlebt. Zum ersten Mal sind alle 36 Teilnehmerinnen zusammengekommen. Sie tauchten in die Welt des Schnitzens ein und stellten selbst eine typische Holzkuh her und bemalten diese mit bunten Flecken. Natürlich besichtigten die Lernenden auch die Ausstellung. Am Nachmittag gab es nochmals einen Workshop, in dem sich die jungen Frauen über ihre Zukunft und Entwicklung austauschten. Zudem wurden ihnen mögliche Weiterbildung in der Schreinerbranche vorgestellt.
Schön, nur unter Frauen zu sein
Sophia Sonderegger aus Heiden AR (Heller AG Wohnbauten, Heiden; 3. Lehrjahr) hat das Programm des Workshops allgemein angepsrochen und ihre Kollegin Sandra Nagel aus Trogen AR (3. Lehrjahr/Thomas Sutter AG, Haslen AI) motiviert, teilzunehmen. «Es war interessant und abwechslungsreich, da wir einerseits das Epoxidharzgiessen kennengelernt haben, und andererseits die Chance hatten, eigene Kühe zu schnitzen», resümiert Sophia Sonderegger. Sehr gut gefallen hat ihr, dass sie viele junge Frauen aus der Branche und aus der ganzen Schweiz kennengelernt hat. «Falls es den Workshop nächstes Jahr wieder gibt, würde ich gerne erneut teilnehmen.»
Austausch ist wertvoll
Nina Signer aus Bleienbach BE (3. Lehrjahr/Schreinerei Gerber, Bleienbach) fand den Austausch mit den anderen neben dem Arbeiten wertvoll: «Es war gut zu hören, wie es bei den anderen so im Betrieb und den ÜKs läuft und was sie zur Teilprüfung und deren Vorbeiteitungen zu berichten hatten.» Zum Epoxidharzgiessen habe sie gute Tipps erhalten und wolle dies weiterverfolgen. «Zuvor hatte ich das eben mal ausprobiert, aber das hatte nicht funktioniert.»
Wichtig, sich zu vernetzen
Auch beim VSSM fällt das Fazit zur Frauenförderung sehr positiv aus. «Mit Freude durften wir 36 hochmotivierte angehende Schreinerinnen zum Workshop begrüssen», sagt Melanie Burri, verantwortliche Projektleiterin Grundbildung. «Sie kamen aus der ganzen Deutschschweiz – vom Bündnerland bis zum Berner Oberland – und brachten vielfältige Perspektiven und Erfahrungen mit.» Während fünf Workshoptagen hätten sie nicht nur handwerkliche Fähigkeiten vertieft und neue Projekte realisiert, sondern es sei auch ein reger Austausch unter den Teilnehmerinnen entstanden. «Die Möglichkeit, Erfahrungen zu teilen und sich zu vernetzen, stellte eine wertvolle Ergänzung zu den handwerklichen Aspekten dar.»
2024 gibt es einen neuen Workshop
Der Erfolg und die positive Resonanz haben den Verband dazu motiviert, bereits für das kommende Jahr einen Workshop zu planen. «Unser Ziel ist es, die lernenden Schreinerinnen erneut zusammenzubringen, um nicht nur fachliche Kompetenzen zu fördern, sondern auch den interaktiven Austausch und das gegenseitige Networking zu stärken», sagt Melanie Burri. Die Organisatorinnen seien überzeugt, dass diese Initiative nicht nur das handwerkliche Können der Teilnehmerinnen fördert, sondern auch einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der Frauen in der Schreinerbranche leistet. «Wir freuen uns schon jetzt darauf, im nächsten Jahr erneut einen bereichernden Workshop zu ermöglichen.»
Nicole D'Orazio, SchreinerZeitung