Er erinnere sich noch ganz genau, sagt Hansjürg Marx, Inhaber der gleichnamigen Schreinerei im bündnerischen Zizers. Es sei an einem Mittwochnachmittag gewesen, als Sivakumar Kandiah in der Firma vorbeikam und nach einer Anstellung als Schreiner gefragt habe. «Er war damals bereits knapp ein Jahr in der Schweiz und arbeitete im Kühlhaus einer Fleischwarenfabrik.» Doch sein grosser Traum sei es gewesen, wieder mit Holz arbeiten zu können. Mit dem Material, mit dem er bereits seit seiner Kindheit in Sri Lanka gearbeitet hatte. Marx’ Vater hat Kandiah eine Chance gegeben und ihn erstmal für eine dreimonatige Probezeit eingestellt. Heute, knapp 28 Jahre später, führt Hansjürg Marx die Schreinerei, und für Sivakumar Kandiah ist aus der Probezeit längst ein unbefristeter Arbeitsvertrag als Hilfsschreiner geworden. Er habe sich von Anfang an sehr wohlgefühlt im Team, sagt Kandiah. Mittlerweile ist er im Betrieb als Oberflächenspezialist tätig. Ein Metier, das sich Kandiah mit grossem Einsatz und ebenso grossem Interesse angeeignet hat. «Für mich war die Arbeit mit Holz, vor allem mit Massivholz, schon immer etwas Besonderes», sagt Kandiah. Als Kind habe er in Sri Lanka öfters mit seinen Ge- schwistern in der Schreinerei seiner Familie mitgearbei-tet. Eine Leiden-schaft, die bis heute geblieben ist. Entsprechend erstaunt es nicht, dass Kandiah auch in seiner Freizeit seinem geliebten Hand-werk nachgeht. So arbeitet er etwa im Hindu-Tempel Navasakthy Vinayagar in Zizers an verschiedenen Ein-richtungen, die sein ganzes handwerkliches Können abverlangen. «Das Schöne an unserem Tempel ist, dass es für mich immer wieder etwas zu tun gibt», sagt Kandiah zufrieden lachend.
«Für mich war die Arbeit mit Holz schon immer etwas Besonderes.»
Dieses immer wiederkehrende Lachen lässt erahnen, dass der dreifache Vater mit seiner in der Schweiz gefundenen Rolle sehr glücklich und zufrieden ist. Auch wenn er von seinen drei Jungs erzählt, leuchten seine Augen. Auf die Frage, ob denn einer seiner Söhne in seine handwerklichen Fussstapfen treten werde, verweist er auf seinen jüngsten. «Wenn jemand, dann wohl er», sagt Kandiah. Denn er helfe ihm gerne und oft bei seinen Arbeiten, was ihn natürlich sehr freue. Freude und Dankbarkeit hört man auch heraus, wenn der 48-Jährige über seinen Chef und sei-ne Arbeitskollegen spricht. «Dank den vielen hilfsbereiten und netten Kolle-gen ist es mir nicht allzu schwer gefallen, mich mit der schweizerischen Arbeitstechnik vertraut zu machen», sagt Kandiah. Denn in seiner Heimat Sri Lanka seien gewisse Arbeits-techniken doch sehr anders als hier.
Glücklich ist auch Chef Hansjürg Marx mit seinem langjährigen Angestellten. «Ich bin heute noch froh und dankbar darüber, dass mein Vater Sivakumar damals, vor bald 30 Jahren, eine Chance gegeben hat», sagt er. Dank dessen Einstellung habe man schlicht und einfach einen Top-Angestellten, einen ausgewiesenen Teamplayer und eine liebevolle, treue Seele hinzugewinnen und kennenlernen können.