Gerade in der Schweiz gehört es zu den Tatsachen, dass ein Gebäude seinen Erbauer in der Regel überdauern wird und somit vielleicht als Grundstein für das Leben dessen Nachkommen dienen kann. Damit wird mit den Immobilien das Vermögen auch für kommende Generationen gesichert. Vermögen ist aber nicht etwas, das sich absolut sichern lässt und so wechseln viele Gebäude im Laufe der Zeit oft den Besitzer und somit die Anforderungen, was bauliche Anpassungen zur Folge hat.
Enorm gesteigerte Bedingungen
Die technischen Anforderungen an ein Gebäude haben mittlerweile ganz andere Dimensionen angenommen als früher: Das Haus muss unter anderem ein konstantes Wohn- oder Arbeitsklima bieten, und das möglichst ohne viel Energie zu verwenden. Dazu kommen Ansprüche bezüglich des Lärm- und Brandschutzes, die es früher nicht gab. Klar, dass das nicht einfach nachgerüstet werden kann, ohne dass vieles massiv und kostenintensiv verändert werden muss. Alleine aus Effizienzgründen dürfte ein Abriss und der Neubau in vielen Fällen sinnvoll sein.
Stationen einer Kultur
Jede Epoche hat aber Dinge und Formen hervorgebracht, die ein wichtiges Erbe darstellen und nachkommenden Generationen ihre Herkunft, ihre technische Entwicklung sowie ihr gemeinschaftliches Ausleben eines sozial verankerten Formenempfindens aufzeigen. Dinge, welche die Gemeinschaft stärken und auch immer wieder zu neuen Entwicklungen antreiben. Dinge, die einem Kulturkreis sein Gesicht geben und den geschichtlichen Hintergrund erlebbar machen. Das gilt auch für Bauten aus noch jüngerer Vergangenheit.
Das Betreten des Gebäudes und jedes seiner Zimmer ist dabei ein sehr wichtiger Moment, bei dem die Tür die Rolle einer Visitenkarte übernimmt.
Wünsche und Möglichkeiten klären
Wer ein historisches Gebäude besitzt, muss sich bei einer Anpassung Gedanken darüber machen, was seine technischen, visuellen und historischen Ziele sind. Was braucht er und wofür schlägt sein Herz. Er sollte sich zudem auch darüber Gedanken machen, was es ihm wert ist und wo seine Schmerzgrenze liegt. Ein sehr früher Kontakt mit der zuständigen kantonalen Denkmalschutzbehörde kann eine Hilfe sein, spätere Auseinandersetzungen zu verhindern, sollte der Bau im kantonalen Verzeichnis als schützenswert registriert sein.
Lukas Rühl ist bei der R. Brunner AG in Zürich als Projektleiter im Bereich Brand- und Denkmalschutz tätig. Ausführlich hat er dargelegt, dass sehr unterschiedliche Lösungswege zu Türen führen, die den historischen Hintergrund gebührend berücksichtigen, aber auf total verschiedenen Preisebenen liegen.
Der Unterschied liegt dann in der Qualität der Ausführung. Lukas Rühl bezeichnet eine solche Tür als fest verbaute Antiquität, welche unter Umständen bezüglich Rauchdichte, Brand- und Lärmschutz aufgerüstet werden muss. Das ist bei Brunner mit dem Originalteil möglich, bereitet aber natürlich mehr Aufwand als ein optischer Nachbau zum Streichen.
Transparenz in der Grundofferte
Wer etwas Bestehendes verändert oder wieder in sein ursprüngliches Erscheinungsbild zurücksetzen soll, wird gut daran tun, wichtige Etappenpunkte von Beginn weg zu dokumentieren. Eine grosse Hilfe kann dabei die Vermessung mit Laserscannern sein. Wichtig ist aber, dass jede Situation fotografiert wird. Auch wenn Dinge demontiert, gefertigt und montiert werden, helfen erneute Fotos, dass alle Personen die gleiche Erinnerung haben und somit vom Gleichen sprechen. Letztendlich geht es ja auch um Werterhaltung, eventuell sogar Wertsteigerung.
Es ist nicht wirklich möglich, bei einer historischen Tür einfach eine Offerte zu machen, damit der Kunde dann entscheiden kann, bei welchem Schreiner er bestellen soll – es gibt zu viele Möglichkeiten. Zudem kann man nie wissen, welche Schwierigkeiten durch den alten Untergrund sowie die anschliessenden Partien auftauchen.
Dennoch muss der Kunde natürlich wissen, worauf er sich einlässt. Profis mit viel Erfahrung können eventuell zusätzliche Arbeiten einigermassen abschätzen. Lukas Rühl bevorzugt daher ein mehrteiliges Angebot mit klaren Grenzen, was darin enthalten ist. Das Grundangebot beinhaltet die eigentliche Tür entsprechend den Zielvorstellungen des Kunden, so, wie sie sichtbar ist. Alles, was nicht klar ersichtlich ist und vielleicht zusätzlich gemacht werden müsste, wird separat, einzeln offeriert. So kann auf eventuell zusätzlich nötige Arbeiten mit ihren Kosten einzeln hingewiesen werden, ohne dass sie Bestandteil des Grundangebotes sind.
Spezialgläser für jedes Budget
Diese Vorgehensweise erlaubt dann auch das separate Offerieren von ganz speziellen Elementen, welche neu beschafft werden müssen. Beispielsweise wird man bei einem Fensterteil einer historischen Eingangstür sicher Antikglas verwenden wollen. Nur, welches? Der Unterschied zwischen einem seriell gefertigten und einem der Epoche entsprechenden handgefertigten Glas beträgt schnell einmal ein paar tausend Franken. Wichtig ist: Das meiste ist erhältlich. Dazwischen gibt es eine grosse Auswahl, wobei die Scheiben tatsächlich deutlich anders wirken.
Gerade eine Eingangstür wird ein Isolierglaselement benötigen, wenn sie wärmedämmend wirken soll. Das geht natürlich auch mit Antikgläsern. Ebenfalls sind Verbundsicherheitsgläser erhältlich, bei denen die äusseren Scheiben stilgerecht ausgeführt werden. Dazwischen kommt der normale Aufbau zum Einsatz, der beispielsweise für eine axtschlagsichere Scheibe notwendig ist.
Die Welt der Beschläge
Spätestens bei der Abklärung, ob die vorgefundenen Beschläge noch original sind, braucht es Erfahrung, Fachbücher und Tabellen aus dieser Zeit. Nur so lassen sich die Beschläge zweifelsfrei zuordnen. Und es braucht klare Entscheidungen, ob und was eingesetzt wird. Man kann, mit entsprechendem Aufwand, Originalbeschläge sogar nachgiessen oder dreidimensional drucken lassen. Es gibt Hersteller, die auch ganze Türschlösser nachbauen. Das macht vor allem dann Sinn, wenn noch gebrauchsfähige alte Teile vorhanden sind und die optisch gleichen Nachbauten zu einem einheitlichen Bild verhelfen. Natürlich gibt es neue Beschläge, die stilmässig passen könnten. Bei Hauseingangstüren dürften sowieso der Sicherheitsaspekt sowie andere technische Ansprüche Vorrang haben, wodurch Schloss- und Bandbereiche eine technisch moderne Lösung benötigen.
Manchmal ist es auch durchaus erstrebenswert, dass die antike Tür zeigt, dass sie es bis in die Neuzeit geschafft hat und neben all der stilvollen Optik technisch voll auf der Höhe ist. Moderne Bänder mit sichtbaren Rollen sowie ebensolche formal passende Drückergarnituren können da beleben.
Wege, die in die Zukunft führen
«Ein guter Hersteller und Restaurator von historischen Türen muss sich auch ein wenig als der Anwalt des Hauses sehen», sagt Rühl, denn, obwohl eine Tür nur ein sehr kleiner Teil der ganzen Hülle und des Innenlebens ist, fällt eine schlechte Lösung stark ins Auge und schadet dem Wert des Ganzen. Lukas Rühl kann die Kundschaft meistens den folgenden vier Kategorien zuordnen:
- Privatperson mit geerbtem Haus, die das Objekt möglichst problemlos vermieten möchte und etwas überfordert ist.
- Liebhaber, der möglichst ohne sichtbare Veränderungen sanieren möchte.
- Öffentliche Institutionen, wie Schulen, mit konkreten Nutzungsansprüchen.
- Banken und Versicherungen mit teilweise hohen technischen Anforderungen.
Schon dieser grobe Raster zeigt, dass mit einer differenzierten Vorgehensweise historische Eingänge für klar benannte Situationen geschaffen werden müssen. Wenn der Handwerker in diesem Prozess nicht selbst wählt und wertet, sondern fachlich versiert berät, wird sich etwas Passendes finden lassen, womit alle beteiligten Parteien auch später noch gut leben können.